Festivalmotiv

BREAKING GROUND II - Chantal Akerman: D'est Donnerstag 22. Januar 2015, 22.30 Uhr

Frankreich / Belgien 1993, 115 min.

Mit der belgischen Filmemacherin Chantal Akerman präsentieren die 16. dresdner schmalfilmtage erneut eine Autorin, die bereits 2008 einen wichtigen Festival-programmpunkt bildete.
Mit ihrem 1976 entstandenen Film NEWS FROM HOME gab die Regisseurin einen mit damaligen Filmerzählweisen brechend unkonventionellen Eindruck über das selbstreflexive Filmen in Auseinandersetzung mit dem Alltäglichen – dem Alltäglichen in New York. Dem Zuschauer wurde ein in Bildern, Geschwindigkeit und Plot extrem reduziertes, ja fast ungefiltertes, dokumentaristisches Kino offenbart, welches in den 70er Jahren zu eben jener neuen Filmsprache erwuchs, wie sie auch bei Kollegen wie Jonas Mekas zu finden war – radikal, subjektiv, sich konfrontierend und zwischen den Genres hin und herspringend, filmisch irrend zwischen Wahrheitsfindung und Vorführung, zwischen Autorenfilm und kommerziellem Film, Dokumentar- und Experimentalfilm. Und fast immer flossen stilistisch sehr offensichtliche autobiographische Züge mit hinein.

Hier anknüpfend begibt sich Akerman 15 Jahre später mit D’EST erneut auf Dokumentarreise, diesmal von Ostberlin über Polen bis nach Moskau. Der Zuschauer darf mitreisen – als Erforscher eines verschwindenden Kommunismus. Die Reise beginnt im Sommer und endet im tiefsten Winter. Dabei fängt die Regisseurin alle möglichen Stimmungen ein, erzeugt Klänge und Bilder, welche unkommentiert wiedergegeben werden – Eindrücke nach dem Fall der Mauer. Der Film besteht vorwiegend aus Außenaufnahmen, Kamerafahrten und fixen Einstellungen. Ob wartende Menschen am Bahnsteig, die die Kamera still und elegant aber unheimlich präsent umfährt, endlose Fahrten von karger winterlicher Landschaft in die Stadt oder geradezu fotografische unbewegte Nahaufnahmen der Menschen in ihren Wohnungen und auf nächtlich verregneten Straßen in Moskau  – kommentarlos werden die Bilder zu einer hypnotischen Reise, einzig das Aufheulen von Motoren oder Windrauschen ertönt. Der  langsame Strudel aus Bildern und Tönen macht das Kameraauge zu dem distanziert stummen aber fasziniert suchenden Zeugen nach der Wahrheit – “[…] eine Wahrheit, deren Geschichte sich nur (er)fühlen lässt, wenn sie real nicht (be)greifbar ist“.

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D'est